Kraftsport im Winter – wenn die Rolle zu langweilig wird
Kraftsport im Winter – wenn die Rolle zu langweilig wird
Das Wichtigste zuerst: Der Einstieg in ein effektives Krafttraining für Radsportler ist einfach und lässt sich tatsächlich in den Alltag integrieren . Das Ziel: Ganzkörpertraining im Gym! Für Athleten, die ohne trainieren, ist der klassische Bro-Split (Brust, Rücken, Schulter/Arme, Beine) oder jede Abwandlung dieser Bodybuilding-Pläne absolut unbrauchbar. Ein zu hohes Volumen führt zu zu langen Regenerationsphasen und zu wenig Reiz pro Muskel.
Trainieren mit Köpfchen: weniger, dafür öfters
Eine Studie hat nun gezeigt, dass ein (!) wöchentlicher Trainingstag mit fünf Sätzen für einen Muskel (z. B. einmal pro Woche fünf Sätze Squats) nur zum Erhalt der Muskelmasse führt. Im Gegensatz dazu führt fünfmal pro Woche ein einziger Satz für den Muskel zu Muskelwachstum (). Das heißt: Mehr (kürzere) Gym-Einheiten pro Woche sind besser als längere Einheiten. Das ist ideal für uns Radsportler!
–> Wir brauchen kein Beintraining mit 4 Übungen à 4 Sätze mal 8 Wiederholungen.
Ergo: Ein Satz pro Übung, der bis zum Muskelversagen geht, ist völlig ausreichend – am besten noch mit Partial Reps am Ende.
Maschinen für die Muckis – Hanteln für Stabilisation
Deshalb ist es für Euch im Gym auch gewinnbringender, bei den meisten Übungen auf Maschinen zu setzen und nicht auf Freihanteln. Stabilisation und Gleichgewicht lassen sich mit Freihanteln besser trainieren. Ein Satz bis zum Muskelversagen ist jedoch bei Kniebeugen nur schwer zu erreichen, ohne ein hohes Verletzungsrisiko einzugehen.
So sieht ein effektives Training aus:
Profi-Tipp: Kein Training ohne Warm-up
.1. Hack Squat Machine oder Beinpresse o. Ä.
• Warm-up
• 1 x 6–8 Wiederholungen bis zum Muskelversagen, Gewicht entsprechend anpassen
2. Einbeinige Beinpresse / Bulgarian Split Squat an der Smith Machine
• Warm-up
• 1 x 6–8 Wiederholungen bis zum Muskelversagen, Gewicht entsprechend
3. Beinstrecker / Wadenpresse (eine Finisher-Übung Eurer Wahl)
• 1 x 6–8 Wiederholungen bis zum Muskelversagen, Gewicht entsprechend
Nicht den Oberkörper vergessen
Ich mache zum Beispiel Schrägbankdrücken, Rudern und Dips, jeweils nur einen Satz. Diese Übungen sind für Radsportler jedoch weniger wichtig. Mehr Muskelmasse ist immer wertvoll, aber der Schwerpunkt sollte auf dem Wachstum des Quadrizeps liegen. Diese Muskelgruppe ist für etwa 90 Prozent der Kraft am Pedal verantwortlich. (Wer wissen will, wo er künftig seine Muskeln suchen muss, findet hier mehr )
Klein anfangen, stark aufhören
Selbstverständlich sollte man analog zum Ansatz im Radsporttraining die Gewichte schrittweise erhöhen. Ich empfehle, die absolvierten Wiederholungen und Gewichte in einer Notiz-App oder ähnlichem festzuhalten, um beim nächsten Training entweder mehr Wiederholungen oder ein höheres Gewicht anzuvisieren (oder mindestens das letzte Training zu wiederholen).
Wer lange Weile hat, geht ins Gym
Das Ganze könnte man drei bis vier Mal pro Woche machen, da die Trainingseinheiten, je nachdem wie viel man mit anderen Übungen auffüllt, nach 30–45 Minuten abgeschlossen sind. Durch die kurzen Trainingseinheiten bleibt auch der Muskelkater, wenn man in der Routine ist, überschaubar. Dennoch hat man 3–4 Mal die Woche einen effektiven Reiz für den Muskel – das schafft kein Bro-Split.
Mach Mal Pause
Je nach Umfang des Radsporttrainings kann es schwierig werden, alles in die Woche zu integrieren. Ich trainiere an Tagen, an denen ich ins Gym gehe, auch LIT (Low Impact Training) auf dem Rad. Das funktioniert für mich gut. Ein komplett trainingsfreier Tag pro Woche ist sinnvoll und kann gut auf einen Gym+LIT-Tag folgen. Das schwerste HIT-Training kann dann auf den Tag nach dem Ruhetag gelegt werden, wenn die Beine am frischesten sind.
On the edge – Was ist Erschöpfung ?
Gerade am Anfang, wenn man mit dem Kraftsport startet, ist es eine Herausforderung, die andere Art der Erschöpfung einzuschätzen. Algorithmen, die eine Einschätzung für „Form“ und „Fatigue“ geben (z. B. Strava, Intervals.icu), berechnen diese aus Leistungs- und Herzfrequenzdaten. Im Gym wird die Herzfrequenz kaum steigen, und wenn, dann nur kurz. Nach mehreren Sätzen bis zum Muskelversagen wird man aber definitiv spüren, dass der Körper gut erschöpft ist. Hier muss jeder selbst herausfinden, wie das Trainingsvolumen pro Woche richtig ausbalanciert wird. (Und das Ego muss aushalten, dass die Fitnesskurve in den Diagrammen bei Strava und Intervals wahrscheinlich erst einmal nach unten geht ).
Wer mehr über Krafttraining für Radsportler wissen will, bekommt in diesem Podcast eins auf die Ohren.
Have fun im Gym !
Credits: Jens Bittner