Alles BAHNane
Wie schon im Vorjahr haben wir auch 2019 vereinsintern einen frühen Bahnradtag durchgeführt. Neben der Gelegenheit, das Gefühl des Ovals und der Steilkurven mal in Ruhe auszuprobieren, ist es ein willkommener Anlass auch im Winter gemeinsam etwas zu unternehmen. Nicht zuletzt kann man sich durch das beiläufige Erwähnen der Tatsache, dass man am Wochenende auf der Radrennbahn gefahren ist, im Büro, im Freundeskreis oder beim nächsten Hobbyluschenradtreff das ein oder andere anerkennende Raunen sichern. Denn der Mythos lebt, auch oder vielleicht gerade weil es immer weniger Radrennbahnen in Deutschland gibt.
Angeberwissen
Das Kölner Radstadion mit der Albert-Richter-Bahn wurde von den legendären Radrennbahn-Architekten Herbert und Ralph Schürmann entworfen und nach 6 Jahren Bauzeit 1996 fertiggestellt. Die Bahn selbst sowie die Tribünen sind überdacht, der Innenraum allerdings nicht, so dass man zuweilen Wind und Witterung ausgesetzt ist. Das 250 Meter lange Holzoval trägt den Namen des Amateurweltmeisters Albert Richter, der sich in den 30er-Jahren standhaft weigerte, bei Siegerehrungen den Hitler-Gruß zu zeigen und 1940 von der Gestapo inhaftiert und im Gefängnis ermordet wurde. Renate Franz hat seine Geschichte in dem lesenswerten Buch „Der vergessene Weltmeister“ festgehalten. Die Bahn ist zwischen 13° und 43° überhöht und erlaubt Geschwindigkeiten von von bis zu 85 km/h. Diese wurden mutmaßlich an unserem Bahnradtag nicht ganz erreicht.
Steht man das erste Mal eingangs der Steilkurve ist die Neigung einigermaßen Furcht einflößend, aber bevor wir hier allgemein rumschwafeln, überlassen wir lieber Thea das Wort, die sich zuvor noch nie aufs Parkett mit den bunten Linien gewagt hat:
Mein erstes Mal*
Auf der Bahn Radfahren. Das klingt erst mal ganz einfach – vorausgesetzt, man war noch nie da und hat die Bahn gesehen. Und ich bin so eine, ein Newbie. Ich bin weder Fixie/Bahnrad gefahren,
noch habe ich jemals ein Radstadion betreten. Der Termin für den diesjährigen Bahnradtag war Dank Andreas Organisation gesetzt und es meldeten sich 20 Mitglieder an – mit und ohne Rad.
Lektion 1: Anreise
Meine ersten Meter mit dem Bahnrad machte ich auf dem Weg zum Stadion. Linda vertraute mir ihr zweites Bahnrad an und da wir mittlerweile so fußfaul waren, fuhren wir die vier Kilometer mit den Bahnrädern zum Radstadion. Zeit zum Schieben war eingeplant, falls ich es mir doch nicht zugetraut hätte. Der Weg führte durch den Stadtwald, ein bisschen Straße, da mal eine Ampel und hier ein Radweg. Ich hatte schwer zu kämpfen. Nicht mit der Geschwindigkeit, sondern eher mit mir. Eingeklickt, ohne Bremsen und nur halbes Vertrauen in die Oberschenkel, die mich zur Not stoppen sollten. Das war nicht so einfach.
Und dann waren wir viel zu früh da, froren uns schon mal ein. Nach und nach trafen die anderen orange-weißen Schnörresträger ein. Rauthgundis war unsere Trainierin/Einweiserin und erklärte den Neuen erst mal, wie man sich auf der Bahn verhält und was man beachten muss. Wer kein eigenes Bahnrad hatte, konnte sich eins ausleihen und dann ging es auch schon an die Bahn.
Lektion 2: Ehrfurcht
Ich staunte nicht schlecht, als ich sah, wie steil die Kurven sind. Mein Respekt und meine Angst vor dieser Bahn war wieder da. Konstant. Das Wissen, dass noch ein anderes Vereinsmitglied Schiss hatte, rettete mich leider auch nicht. Aber wenn nicht jetzt, wann dann. Die anderen, die schon ihre Runden drehten, rutschten auch nicht von der Bahn.
Also dann, zur Eingewöhnung erst ein paar Runden auf der Cote d‘Azur. Ich entschied mich für einige viele Runden auf dem blauen Streifen. Niemals würde ich an dieser Wand fahren. Wahrscheinlich benutzten die anderen Superkleber oder irgendwelche Magie.
Lektion 3: Kopfkino
Und dann sollten alle Neuen hinter Rauthgundis fahren. Das war dann wohl der Startschuss. Und schon ging es in die Kurve. In meinem Kopf lief das Banner „Nicht runterfallen“ in Dauerschleife. Nach einigen Runden riet die Trainerin mir, nicht so verkrampft zu fahren. Na klar, kein Problem. Und dann wieder ab aufs Rad. Und sie behielt natürlich Recht. Es war direkt entspannter, wenn ich den Unterlenker nicht so fest halten würde, als wäre es die letzte Banane vor dem großen Anstieg.
Lektion 4: Spaß
Ich fuhr und merkte, dass es irgendwie Spaß macht, aber auch ganz schön anstrengend ist. Keine Bremsen, keine Schaltung, einfach immer nur weiter in die Pedale treten. Und auf den Gerade immer nach hinten gucken, wenn man die Spur wechseln will, ob nicht jemand angeballert kommt. Das „Schneller fahren“ von Rauthgundis galt mir und zu allem Überfluss überholte mich der Präsi kurz darauf mit den Worten:„Ich glaube, sie meinte schneller fahren“. Ey! Ja. Ich grinste und fuhr schneller in die nächste Kurve. Nach ein paar Runden rollte ich auf der Cote d‘Azur aus und stieg vom Rad. Das ging dann doch besser als gedacht.
Lektion 5: Teilüberdacht
Das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Es war zwar kalt, aber es blieb nicht trocken. Blöderweise tropfte es vom Dach auf die Bahn und die nassen Stellen auf der Bahn wurden größer. Rauthgundis riet allen Neulingen das Fahren einzustellen. Wer sich aber trauen würde, der könne weiter Runden drehen. Das war vorerst mein Ende in dieser Disziplin und ich war auch ein wenig dankbar.
Bei Kuchen, Tee, lustigen Gesprächen und Fachsimpeleien konnte ich super entspannen und die Rundfahrer beobachten. Durch die Unterbrechung aufgrund der Nässe war die Luft dann irgendwie raus, der „Bahnradtag 2019“ vorzeitig beendet. Einige fuhren nach Hause, andere fuhren „draußen“ noch eine Runde. Mein Glück. Die Bahn war leer und die nassen Stellen überschaubar und zum Teil getrocknet. Ich nahm nochmal das Rad und drehte zum Abschluss ein paar Runden. Es kostete mich immer noch Überwindung in die Kurve zu fahren, aber vielleicht ist es das ja auch, was das Bahnradfahren ausmacht?
Fazit
Beim diesjährigen Bahnradtag ist nicht viel passiert, manch einer hat mehr Kuchen gegessen als Kalorien auf der Bahn verloren. Für mich war es ein Tag, der mir viel abverlangt hat: das erste Mal auf einem Fixie/Bahnrad und das erste Mal auf der Radbahn. Der Zuspruch der anderen Mitglieder und überhaupt dieses „Zusammen auf der Bahn sein“ hat mich motiviert und es war ein wirklich schöner Vormittag. Und ich hatte Spaß! Aber vielleicht sollte ich beim nächsten Mal* nicht so verkrampft den Unterlenker festhalten, dann bleibt mir auch der Muskelkater in den Oberarmen am nächsten Tag erspart.
* auf der Radrennbahn
Credits: xxx / xxx / xxx