Alles Banane (DSD Sommercamp 2018)
Wir sind abfahrbereit. Das DSD Sommercamp 2018 in den Dolomiten ist gelaufen und ich halte Rückschau: Ich habe 10.000 Höhenmeter bewältigt und war dabei meistens sogar schneller als die Fußgänger. Es gab in der Gruppe maximal einen kleinen Ausrutscher und lediglich einen kleinen Fauxpas mit den Klickpedalen. Aber niemand ist gestürzt und alle waren furchtbar nett zueinander. Das selbst gekochte Essen war hervorragend und die Stimmung erstklassig. Leider kann man das vom Niveau unserer Witze nicht behaupten. Aber man kann ja nicht alles haben.
Was wir allerdings hatten, waren Bananen. Viele Bananen. Ein Mitfahrer, der dann doch nicht mitfuhr, hatte als kleine Ration zwei Kisten á 16 kg feinste Cavendish Bio-Bananen besorgt, sodass wir bis zum letzten Tag keine Not an den exotischen Früchten leiden mussten. Anfang der 90er hätte man damit in Sachsen noch andere Menschenmassen anlocken können, als das vielleicht heute der Fall ist. Früher war dann wohl doch alles besser.
Es folgt für den geneigten Leser eine Chronologie der Geschehnisse zu Canazei, Trentino im Jahre 2018 an einem ungewöhnlich kühlen Sommertag.
03:22 Uhr
Es ist mitten in der Nacht und der dritte Tag des DSD Sommercamps in den Dolomiten. Ich liege im oberen Etagenbett und drehe mich im Schlaf einmal um die eigene Achse. Die Wasserflasche, die ich neben meinem Kopf deponiert hatte, donnert zu Boden. Gott sei Dank haben die Italiener nur Plastikflaschen. Ich schätze aber dennoch, dass sich meine Mitbewohner ordentlich erschrocken haben. Da keiner etwas sagt, beschließe ich einfach weiter zu schlafen. Wird schon keiner verletzt sein.
07:00 Uhr
Der Wecker klingelt. Ich drücke auf die Schlummer-Taste. Es herrscht Ruhe.
07:09 Uhr
Der Wecker klingelt erneut. Im Bett unter mir bewegt sich etwas. Wir schälen uns aus dem Bett und tappern schlaftrunken zur anderen Hütte, in der die Mehrzahl der Leute untergebracht sind, um dort zu frühstücken.
08:30 Uhr
Das Frühstück war satt und reichlich. Es gab Bananen. Ich beschließe feierlich vor der Abfahrt noch einmal die Toilette zu besuchen. Als ich die Tür öffne, sitzt dort Andreas, der das mit dem Abschließen noch nicht ganz verstanden hat. Nachdem ich den Schock überwunden habe, nehme ich meine Zahnbürste, wünsche Andreas noch viel Erfolg bei seinen Unternehmungen und verlasse das Badezimmer.
08:45 Uhr
Alle sind schwer damit beschäftigt, sich in Lycra zu kleiden. Das Wetter ist durchwachsen. Bis Nachmittags soll es immerhin trocken bleiben. Es herrschen daher verschiedenste Meinungen zu der Anzahl der Kleidungsschichten, Verwendung von Arm-, Bein- oder Knielingen und dazu noch der passenden Farbkombination vor. Toto kann seinen Armling nicht finden. Jeder steckt eine Banane ein.
09:30 Uhr
Endlich stehen wir abfahrbereit auf der Straße. Niemand hat die Haustür abgeschlossen, geschweige denn die Schlüssel eingesteckt. Alles also wie gestern. Eigentlich alles genau so wie gestern und am Tag zuvor.
11:00 Uhr
Es geht bergauf. Alles also wie gestern und am Tag zuvor.
Die Steigung beträgt im Schnitt 7%. Mal ein Prozentpunkt mehr, mal einer weniger. Immerhin, das ist zu verkraften. Was mich allerdings fertig macht, ist die Tatsache, dass ich ca. 1000 Höhenmeter zum Falzarego Pass hoch muss. Ich habe gerade mal 300 hm davon geschafft und meine Beine beschweren sich jetzt schon. Dabei strenge ich mich noch nicht mal sonderlich an und versuche gemütlich den Berg hoch zu kriechen. Was mache ich hier bloß? Wäre es leichter, wenn ich weniger Ballast mitschleppe, also die Banane wegwerfe?
11:05 Uhr
Stephan schäumt vor Wut. Das Wie und Warum und die Folgen können wir hier aus Rücksicht auf sensible Gemüter leider nicht erwähnen und zeigen.
11:25 Uhr
Ramón hat einen Plattfuß. Das beschert mir, Gott sei Dank, eine Pause! Ich esse eine Banane. Die Sonne scheint und ich lege mich ins Gras, solange die anderen zu dritt den Schlauch wechseln. Das Leben ist gut und das Schicksal meint es wohl doch nicht so schlecht mit mir.
12:30 Uhr
Ich bin am Pass angekommen. Nein, ich bin in der Todeszone angekommen. Die Luft hier oben ist so dünn, dass ich kaum noch Atmen kann. Bestimmt bekomme ich gleich die Höhenkrankheit. Sauerstoffzelt, ich brauche ein Sauerstoffzelt. Wenn es das nicht gibt, dann wenigstens einen Kaffee. Oder ein Bier. Das wäre jetzt etwas Feines. Aber nein. Diejenigen, die zuerst oben angekommen sind, frieren schon wieder. Verständlich, hier in der Todeszone sollte man sich nicht unnötig lange aufhalten, auch wenn mindestens 10 Grad Plus herrschen. Zu allem Überfluss geht mir Helene Fischer mit „Atemlos“ durch den Kopf. Höchststrafe. Zum Glück hat noch jemand eine Banane.
12:48 Uhr
Unten angekommen. Es geht wieder bergauf. Ich brauche eine Banane.
13:00 Uhr
Im Verein besteht Konsens, dass es lediglich zwei Möglichkeiten gibt das Regenbogentrikot zu tragen: Zum einen kann man es als amtierender Weltmeister tragen. Die andere Möglichkeit wäre als Fan der Besuch eines Wettkampfs, bei dem der amtierende Weltmeister teilnimmt. Im Zweifel könnte man allerdings auch den Hexenmeister fragen, da wir gerade am Krarersee einen Fotostopp einlegen.
13:35 Uhr
Ich bin wieder in der Todeszone. Ich rolle den Berg hinunter. Nach der Abfahrt wartet der nächste Anstieg. Ist es der dritte oder vierte Pass? Ich habe den Überblick verloren oder ich bin bereits zu schwach für die einfachen Grundrechenarten. Andere machen hier Urlaub.
17:00 Uhr
Ich sitze frisch geduscht am Esstisch und bewundere auf Strava die Bilder des heutigen Tages. Scheint eine ganz schöne Landschaft gewesen zu sein, durch die ich heute gefahren bin. Ich muss kurz nicht aufgepasst haben, als ich den Blick vom Asphalt vor mir genommen habe.
20:20 Uhr
Wir spielen Codenames. Der Hinweis lautet Penis 5! Hihi, er hat Penis gesagt. Gibt es eigentlich Schnaps aus Bananen? Mir fällt nur Piña Colada ein, aber das war mit Kokosnuss, glaube ich.
22:50 Uhr
Ich liege im Bett und wundere mich über diese Dolomiten. Ich bin doch hier in Italien. Keine Eisdiele weit und breit. Immerhin: Wir haben Bananen.