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RTF Euskirchen (Beschde!)

RTF Euskirchen

RTF Euskirchen (Beschde!)

„120 KM sind ja für eine RTF ja eher nicht so irre viel“, so geht es mir im Kopf herum, als ich morgens auf dem Bahnsteig des verdreckten Bahnhof West stehe. 6:30 Uhr sind ja die meisten Menschen auf den Straßen ziemlich betrunken. Wanken eher haltlos wie Zombies herum, oder halten sich aneinander fest, damit sie nicht umkippen. Oft auch nur mit ihren Mündern.
Ich hatte schon längst vergessen wie geil das ist, aus diesem System heraus zu fallen: Unter der Woche arbeiten, und am Wochenende die Sau rauslassen. Nicht, dass ich nicht auch unter der Woche Arbeit hätte, aber sich dann in der Freizeit noch früher aus dem Bett zu quälen kann ein unglaublich erhebendes Gefühl sein.
Über zwei Monate haben mich diverse Umstände vom Rennrad fahren fern gehalten. Schmerzhaft war das. Und diesen Schmerz konnte ich kaum mit Ibuprofen bekämpfen. Auch wenn die oft die einzige Möglichkeit für alles Andere waren.

Jetzt aber ist es endlich so weit. Endlich wieder Rennrad. Mit Kumpels RTF fahren. Eigentlich bin ich die Tour schon mal gefahren. Vor zwei Jahren muss das gewesen sein. Ich war damals wesentlich fitter, die größere Runde war’s damals, aber dieses Mal will ich vorsichtig sein, und das zarte Pflänzchen meiner Form nicht durch einen zu früh angesetzten Marathon zertreten.
Rainer, Olli und Barney kommen 20 Minuten später als ich auf‘s Gleis. Ich konnte einfach nicht mehr schlafen und bin schon gegen 5:30 Uhr wach geworden. Aufregung? Wegen einer 120 Km RTF? Ja, irgendwie schon.
Die knutschenden und besoffenen Pärchen auf dem Bahnhof und in der Bahn glotzen uns an als wenn wir Vulkanier auf Mission wären. Und wir freuen uns darüber.
In der Bahn sitzen dann noch andere verkleidete Daddys mit Arbeitsgerät und wir wissen: Diese Bahn ist richtig!
In Euskirchen dann endlich die vertraute Atmosphäre. Ältliche und jung gebliebene Menschen in Lycra. Und gleich am Eingang zur Schule begrüßt mich Flo, der auf Achim wartet. Wie schön. Der Arzt in Orange. Etwas nervös verabschieden die Beiden sich kurz darauf; sie wollen noch auf die Marathonstrecke und haben‘s eilig. Wir dagegen können uns noch ein RTF-Frühstück gönnen. Auch gut. Fast besser.

Barney, Olli, und als DSD-Neuzugang auf seinem sackschweren Raleigh -Rainer Radtke. Was für ein Name. Und zu aller Großartigkeit kommt hinzu, dass er besagtes Raleigh schon gefahren hat, als er noch, 16-jährig, aktiver Radsportler war. Mittlerweile hat er selbst Kinder in dem Alter! Später, im Ziel, werden die Gipiemme-Sprint-Bremsen von drei Carbondaddys mit einer Mischung aus Abscheu und Bewunderung begutachtet. Wer von den Kapaiken fährt aber schon ein Rad, das er bereits mit 16 Jahren besaß?!

Und nicht die Gipiemme-Bremsen, oder Shimano 600 ist das Problem nach ca 10 Km, sondern mein Turbo S-Works hinten. Ein weißlich glänzender Motherfucker hat die Karkasse durchstoßen, aber Barney hat Reifenkleber parat. Alle sind der Meinung ich bräuchte einen neuen Reifen, aber ich weiß, der hier wird noch lange auf dem Fixie leben.
Ich stelle mich blöd an bei der Montage. Gott sei Dank gibt es noch andere Pumpen außer meiner. Die neue ist zwar schon geordert, aber erst an der nächsten Kontrolle kann ich mit einer Standpumpe das Ei aus der Felge drücken. Andere hätten mir jetzt den Hals umgedreht, aber die Jungs hier gehen entspannt mit meinem Gezeter um. Danke, Jungs!

Dann, nach ein paar weiteren Metern, treffen wir auf ein paar Andere in Orange: Sandra, Caro, Sven, George und Hans. Wir freuen uns wie Bolle, fahren aber ohne sie weiter, denn sie müssen sich noch anmelden.

Was dann folgt ist eine ziemliche wellige Landschaft, mit engen Straßen und Wegen, wie gemacht für die Bedürfnisse von RTF-Fahrern. Extrem wenig Autos oder Motorräder, eng in den Anstiegen, weit und breiter in den Abfahrten. Wir sind begeistert. Das Klima kann man wohl nicht anders als optimal bezeichnen. Sonnig, aber nicht zu heiß. Ich werde mir den ersten leichten Sonnenbrand des Jahres holen, die Creme hat wohl mein Gesicht nicht erreicht.
An den Kontrollen wird Brot und der übliche RTF-Dings gereicht, durchschnittlich qualitativ besser als sonst, so scheint mir, allerdings auch hier wieder die blöden Plastikbecher, die ich noch nie verstanden habe.

Ich hatte vorher etwas Angst, dass meine Leistung nicht reichen würde, und hatte vorab angekündigt ich würde mich absetzen wenn’s zu schnell würde. Die zweimonatige Trainingspause im Hinterkopf bin ich die ersten 50 Km eher vorsichtig. Jetzt aber merke ich, dass mir auch der Wind ganz gut steht, und ich habe Bock. Jetzt macht es ziemlich Spaß, die Beine fühlen sich gut an und die Wellen werden weggedrückt. Herrlich.
Die Landschaft fliegt, die Sonne kitzelt mich und Geschwindigkeit ist mein Freund.
Bei ca Kilometer 90 treffen wir auf die anderen. Ein Finger zieht mich am Trikot. Mr. Dom Baumann, den ich jetzt auch schon bestimmt ein halbes Jahr nicht mehr gesehen hatte. Wie schön!
Ich lerne Hans etwas näher kennen, und gemeinsam versuchen wir ein Paar Rodenkirchnern auf den Fersen zu bleiben, was die Gruppe aber zerreißen lässt. Aber Euskirchen ist nicht weit, und wir kommen im Sprint noch vor den Rodenkirchnern ins Ziel.

Dort gibt es ein großes Hallo. Der halbe DSD trinkt jetzt mal Bier und isst Rennwurst. Spillo und Sven trudeln auch noch von der Marathonstrecke ein. Partypeople in Lycra und Orange. Ich fühl mich zu Hause.
Für mich ist es nicht nur ein Wiedersehen mit den Leuten hier, es ist das ganze RTF-Feeling. Irgendwas zwischen Sport und Wellness, Reise und Party, Raum und Geschwindigkeit. Gott, hab ich das vermisst!

Dann bricht unsere Vierergruppe wieder gen Köln auf. Eine lange, gerade Kackstrecke zwar, aber sie ist ziemlich schnell und mit Barney und Olli gibt’s noch ein Abschlussalkoholfreiesweizen. Jetzt, da wir den Tag nochmal reüssieren können, merken wir, wie schön er eigentlich war. Danke, Rennradgott.

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